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St. Antonius Kapelle 
NE-Schlicherum

Ferkes Tünn auch auf dem Quirinusschrein im Münster (Figur ganz rechts mit Schwein)

 

Seit der Grundsteinlegung 1635 kümmern sich Schlicherumer Bürger um den Erhalt ihrer St. Antoniuskapelle in der Mitte des Dorfes. In den Archiven der Kirchengemeinde, des Generalvikariats Köln, der Stadt Neuss und des Rhein-Kreises-Neuss liegen viele Dokumente, die bis in das 17. Jahrhundert zurück gehend, ständige Reparaturen und Restaurationen an der Kapelle aufzeichnen. So kämpften die Menschen über viele Jahrhundertene finale Trockenlegung in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte. Seit 1986 hat der Bömmelclub Schlicherum diese Aufgabe übernommen und in vielen kleinen und großen Projekten den Erhalt der Kapelle seitdem gesichert. Die Finanzierung dieser Projekte, ob neue Glocke, Opferstock, Pflege der Außenanlagen oder Malerarbeiten, erfolgte ausschließlich durch Spenden aus der Gemeinde.

Restaurierung der Heiligenfiguren 2011 – 2014 

 

2011 wurde die Restaurierung aller Heiligenfiguren einschließlich des Altarretabels in Angriff genommen. Dieses Projekt wurde mit Hilfe einer großzügigen Spende der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss finanziert und war auf vier Jahre angesetzt.  

Die Holzfigur des heiligen Petrus zur Hälfte schon gereinigt vom Schmutz der letzten Jahrzehnte. 

An den ersten beiden Figuren, einer Holzfigur des heiligen Petrus aus dem 17. Jahrhundert sowie einer Tonfigur des Patrons heiliger Antonius der Einsiedler aus dem 18. Jahrhundert, wurde die Restaurierungsweise aller Figuren festgelegt. Entscheidungsträger in diesem Punkt waren das Generalvikariat des Kölner Kardinals, der Landeskonservator des LVR und eine Restauratorin aus Köln. 

Zur Entscheidungshilfe dienten „Sichtfenster“ auf die Originalfarbgebung und Struktur der Figuren, einige davon wurden erhalten und ermöglichen heute einen Blick zurück auf die bis zu 350 Jahre alte Farbe. 

Gespannt wurden die Figuren in Schlicherum zurück erwartet und pünktlich zum Patronatsfest am 17. Januar begrüßt. Im Folgejahr konnten bereits drei Figuren restauriert werden, eine Holzfigur des heiligen Paulus sowie zwei Tonfiguren des heiligen Nepomuk und des heiligen Antonius von Padua. Mehrere Schlicherumer Gruppen besuchten „ihre“ Heiligen auf dem Operationstisch der Restauratorin in Köln, um einen Einblick in einen sehr spannenden Beruf zu erhalten. Zurück in Schlicherum wurden die drei restaurierten Heiligen von 500 begeisterten Gemeindemitgliedern bei einem sonnigen Erntedankfest begrüßt. 

Mehrere Stellen der Holzfiguren wiesen Insekten Ausfluglöcher vor und mussten aufwendig im Speziallabor behandelt werden. Das Jahr 2013 war ein Höhepunkt im gesamten Projekt. Mit dem stark beschädigten heiligen Sebastian wurde die letzte Tonfigur im Inneren der Kapelle restauriert und das komplette Altarretabels demontiert.

 

Abgebrochener Daumen des hl. Sebastian vor und nach der Modellierung.

 

Die Restauratorin errichtete im Dorf vorübergehend eine Dependance ihres Ateliers ein und auch hier verfolgten viele interessierte Schlicherumer die außergewöhnlichen, spannenden Arbeiten. In dieser Restaurationsphase war die Kapelle komplett geräumt, so dass auch alle Innenwände vom Maler überarbeitet und der Natursteinboden geschliffen sowie neu versiegelt werden konnte.  

Im letzten Projektjahr wurde die größte Holzfigur untersucht. Die heilige Maria mit Kind ist die zentrale Figur des barocken Altars und wird von der Restauratorin auf das 18. Jahrhundert geschätzt. Das Holz und die Farben waren in einem sehr guten Zustand, so dass hier alle Originalfarben freigelegt und überarbeitet werden konnten. Das Budget reichte zum Schluss des Projektes sogar noch für die Überarbeitung der Steinfiguren im Außenbereich, die von einem Steinmetzmeister.

 

 

Geschichte der Kapelle 

03. Mai 1635 Grundsteinlegung durch Pfarrer Hieronymus Isenberg und Prior Johannes Nauta.

1738 Ein Visitationsprotokoll des Neusser Dechanten bezeichnet die Kapelle als „…heruntergekommen und reparaturbedürftig…“. 

Das Erzbistum Köln zieht in Erwägung, die Kapelle aufgrund des schlechten Bauzustandes niederzulegen und neu aufzubauen.

Bis 1861 Der Rosellener Pfarrer wohnte neben der –Kapelle auf dem „Rippcheshof“.

17. März 1867 Nach Plänen des Diözesanbaumeisters Vincenz Statz und unter Initiative des Rosellener Kirchenvorstandes sowie der Schlicherumer Bevölkerung werden die Fundamente zur Entfeuchtung der Wände tiefer gelegt und die gesamte Kapelle restauriert. Die Westfassade erhält dabei einen vorgelagerten Portikus und Fenster in neugotischer Form mit Grisaille- Verglasung.

19. Jahrhundert Austausch der Heiligenfiguren in den Außennischen und Aufbau eines barocken Altars mit Heiligenfiguren.

1960 – 1962 Umfangreiche Sanierungsarbeiten am Dach der Kapelle, den Wänden sowie dem Steinfußboden. Der barocke Altar mit seinen Heiligenfiguren wird konserviert.

1974 Erneute Tieferlegung („Unterfangung“) des gesamten Fundamentes zur Trockenlegung der Kapelle.

1984 - 1985 Zur 350-Jahrfeier werden alle Fenster neu gestaltet.

1985 Die Stadt Neuss stellt die St. Antoniuskapelle unter Denkmalschutz.

15. September 1990 Segnung und Montage einer neuen Glocke.

2011 – 2014 Restaurierung der Heiligenfiguren und des barocken Altarretabels.

Die Kapelle ist in ihren Anfängen der heiligen Maria im Rosengarten geweiht, der heilige Antonius diente als Nebenpatron. Im Laufe der Jahre gewann die Kapelle eine immer größer werdende lokale Bedeutung und die Marienkapelle wandelte sich in die Antoniuskapelle.

Der heilige Antonius soll die Bevölkerung vor Pestkrankheiten und Viehseuchen schützen, er gilt als einer der vier heiligen Marschälle. Kunsthistoriker bezeichnen die Innenausstattung als ein Schmuckstück ländlicher Baukunst. Der in Gestaltung und Farbe barock gearbeitete Altar stammt vermutlich mit seinen Heiligenfiguren aus einer älteren Kirche. Während die große Muttergottesfigur mit dem Jesuskind aus Holz geschnitzt ist, sind die vier Heiligenfiguren (Antonius der Einsiedler, Antonius von Padua, Sebastianus, Karl Borromäus (Johannes von Nepomuk)) aus Ton gebrannt. Vor dem Altar an den Längswänden stehen die Apostel Petrus und Paulus mit ihren Attributen auf Konsolen, die mit einem Adlerkopf (für den Evangelisten Johannes) bzw. mit einem Stierkopf (für Lukas) verziert sind. Die Heiligen im Altar sollten vor der Pest beschützen, wobei der Eremit Antonius vor allem im ländlichen Raum als Patron der Haustiere und hier besonders der Schweine als „Ferkes Tünn“ verehrt wurde. In vielen alteingesessenen Familien in Schlicherum ist der Tag des Heiligen Antonius am 17. Januar auch heute noch ein Festtag und wird mit einem Festgottesdienst in der Kapelle für alle Gläubigen gefeiert. Bis Ende des 18. Jahrhunderts stellten die Schlicherumer an diesem Tag eine „Bütt“ neben die Kapelle, in das die Gemeindemitglieder Fleischstücke vom Schwein für ärmere Bürger spendeten.